Heimatkunde


Auf dieser Seite haben Sie das Vergnügen, einen Schulaufsatz von 1942 über Peilau zu lesen. 
Die Autorin war damals in der 6. Klasse.


 


 

 

H. Kemmler Klasse 6, 23.11.1942

 

Peilau, ein schlesisches Dorf

 

A.      Peilau, mein Heimatdorf

B.      Das schlesische Dorf Peilau

1.      Landschaftliches

2.      Wirtschaftsleben

a.      Wirtschaft

b.      Verkehr

3.      Kulturelles Leben

a.      Schulen

b.      Kirchen

4.      Geschichtliches

5.      Peilau, eine alte Siedlung

 

Peilau ist mein Heimatdorf, in dem ich geboren und aufgewachsen bin. Mein Großvater kaufte den Niederhof in Nieder-Mittel-Peilau, den jetzt mein Vater besitzt.

Das typisch schlesische Straßendorf zieht sich an der Peile entlang, nach der es auch seinen Namen bekommen hat: die Aue an der Peile. Diese entspringt am Kleutschberg und mündet bei Schweidnitz in die Weißtritz.

Unser Dorf bestand aus sechs Gemeinden: Nieder-Peilau, Nieder-Mittel-Peilau, Mittel-Peilau, Ober-Mittel-Peilau, Ober-Peilau I und Ober-Peilau II. Neben Ober-Peilau II lag die Kolonie Gnadenfrei, die eine Siedlung der Brüdergemeinde ist. Ein Besitzer des Seydlitzhofes in Ober-Peilau II schenkte den vertriebenen böhmischen Brüdern einen Teil von seinem Gute am Questenberg, wo sie sich ansiedeln konnten. So entstand die Kolonie Gnadenfrei.

Unser Dorf war 12 km lang, es reicht vom Dirsdorfer Wald bis kurz vor Reichenbach und hatte 6000 Einwohner. Doch 1934 wurde Peilau eingemeindet, d.h. es gibt jetzt nur noch eine Gemeinde Peilau, die fast 2000 Einwohner zählt. Die drei Gemeinden Ober-Peilau I und II und Ober-Mittel-Peilau sind zur Gemeinde Gnadenfrei gekommen.

Unser Dorf liegt in den Vorbergen des Eulengebirges, das man von jeder Stelle aus gut sehen kann. Die kleinen Hügel, welche Peilau umgeben, z.B. der Fischerberg und der Spitzberg sind 300 bis 400 m hoch. Herrliche Abhänge gibt es, auf denen sich die Kinder mit Schneeschuhen und Rodelschlitten tummeln. Auch die großen Teiche sind im Winter bei der Dorfjugend sehr beliebt, da sie sich dort im Schlittschuhlaufen messen kann. Die Peile wird dann zum „Kascheln“ als Schulweg benutzt. Wegen der vielen Überschwemmungen wurde die Peile 1939 reguliert. Trotzdem tritt sie zur Zeit der Schneeschmelze immer wieder über ihre Ufer. Früher war sie sehr fischreich, doch dadurch, daß die Abflüsse der Fabriken des jetzigen Gnadenfrei der Peile zugeführt wurden, ging der Fischbestand zurück. Es können sich nur noch in den beiden Teichen in Mittel-Peilau einige Fische halten, weil dort frisches Wasser von den Bergen zufließt.

Die meisten Bewohner von Peilau sind Bauern oder Landarbeiter auf den größeren Gütern. Es gibt viele Bauerngüter und nur noch drei Rittergüter: den Schlösselhof, den Niederhof und das Gut Mittel-Peilau, bestehend aus dem Roten und dem Weißen Hof.

In der Peileniederung ist fruchtbares Ackerland, auf dem Zuckerrüben und Weizen gut gedeihen. Die Berge sind mit den übrigen Getreidearten und Kartoffeln bebaut.

Die großen und kleinen Güter von Peilau erzeugen über den eigenen Bedarf hinaus viel Getreide, Zuckerrüben, Kartoffeln und Vieh.

Für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe sind drei Schmieden vorhanden, welche Ackergeräte instandhalten und die Pferde beschlagen. Die einzige jetzt noch im Betrieb stehende Mühle mahlt auch für viele umliegende Dörfer das Getreide. Sie war ursprünglich eine Wassermühle, da die Wasserkraft aber nicht mehr ausreicht, wird sie jetzt elektrisch betrieben.

Seit etwa dreißig Jahren bezieht Peilau elektrischen Strom, Kraft und Licht, aus dem Elektrizitätswerk Mölke. Gas bekommt unser Dorf von der Ferngasleitung in Reichenbach. Früher waren in Peilau auch viele Handweber. Als die Textilindustrie in den umliegenden Orten entstand, ging auch in unserm Dorf die Heimweberei zu Grunde. Deshalb fahren jetzt viele Peilauer Bewohner nach Gnadenfrei, Reichenbach oder Langenbielau, um dort in den Fabriken zu arbeiten. In dem langen Dorf gibt es drei Fleischereien, drei Bäckereien und drei Haarschneider, dagegen aber sechs Kolonialwarenläden. Auch Tischler, Schneider und Schuhmacher wohnen in unserem Dorf und haben viel Arbeit. Fast an jeder Straßenbiegung steht ein Gasthaus, es sind im Ganzen fünf. Bei dem einen ist ein großer Garten, der als Sportplatz dient, dort finden im Sommer die Dorffeste statt. Seit 1924 besitzt Peilau eine eigene freiwillige Feuerwehr, für die 1937 ein neues Gerätehaus gebaut wurde. Die alten Pferdespritzen wurden bald von motorisierten Feuerwehrspritzen abgelöst.

Durch die Hauptstraße 115, die wichtige Verbindungsstraße nach Oberschlesien, ist Peilau mit der Außenwelt verbunden. Zu Beginn des Krieges rollten hier Tag und Nacht Truppentransporte nach dem Osten. Unser Bahnhof Nieder-Peilau liegt an der Bahnstrecke Liegnitz – Kamenz. Da sich bei der Schienenlegung um 1860 die Peilauer Großgrundbesitzer weigerten, ihr Land herzugeben, muß die Eisenbahn einen großen Bogen um Peilau machen. Der Weg für die Schienen mußte in die Felsen des Fischerberges eingehauen werden. Dort gibt es im Winter öfter Schneeverwehungen, so daß die Züge manchmal steckenbleiben und die Bahnstrecke gesperrt ist. Vor dem Fischerberg ist es im Frühjahr  für die Eisenbahn gefährlich, da dort der Damm rutscht. Der Untergrund ist sehr schlüpfrig, infolgedessen kann der Damm nicht fest genug gemacht werden und wird dauernd beaufsichtigt. Um 1900 wurde dann unser Bahnhof gebaut und das zweite Gleis gelegt. Für die Hauptstraße, welche

die Bahnstrecke kreuzt, wurde 1938 / 39 eine Bahnüberführung gebaut, so daß jetzt keine Verkehrsstockungen und Unfälle mehr wegen der Bahn vorkommen.

Seit 1934 stellt das Postauto eine gute Verbindung zwischen der Kreisstadt und unserem Dorf her. 1940 übernahm die Reichsbahn diesen Verkehr. Das Reichsbahnauto fährt durch bis Bahnhof Gnadenfrei. Diese Verkehrseinrichtung haben die Peilauer sehr begrüßt. Täglich fahren außer anderen Fahrgästen viele Schüler und Arbeiter zu ihren Schulen und in die Fabriken in die Stadt oder nach Gnadenfrei. Die geplante Strecke der Reichsautobahn Breslau – Wien soll unser Dorf kreuzen, ihr Weg ist schon abgesteckt. Peilau ist an das Fernsprechnetz Reichenbach angeschlossen.

Peilau hat jetzt vier Schulen. Seit 1750 wurde in Mittel-Peilau in gemieteten Stuben Schule gehalten. Die erste Schule wurde hier 1783 und die jetzige 1867 erbaut. Vom 20. April 1838 ab konnten die Nieder-Mittel-Peilauer Kinder in eine eigene Schule gehen. Dieses Gebäude war das jetzige Kolonialwarenhaus Kramer. Am 2. Oktober 1864 konnte eine neue Schule gebaut werden, die heute noch besteht. Auch in Nieder-Peilau wurde seit 1750 Schulunterricht abgehalten, als erster unterrichtete hier ein Schneider. 1798 wurde das Schulgebäude erbaut, und am 1. April 1909 wurde eine zweite Lehrerstelle eingerichtet. Außer den drei evangelischen Schulen gibt es noch eine katholische, von der man nicht weiß, wann sie erbaut worden ist. Sie steht in Nieder-Mittel-Peilau.

Unser Dorf hat zwei Kirchen, eine evangelische und eine katholische. Die katholische Kirche, auch die weiße Kirche genannt, steht auf einer Anhöhe in Nieder-Mittel-Peilau. Sie ist eine schlichte, schöne Dorfkirche mit einem schlanken Glockenturm. Nach der Reformation war sie nahezu 100 Jahre evangelisch. Die Peilauer Evangelischen mußten, nachdem ihnen ihre Kirche von katholischer Seite weggenommen worden war, nach Dirsdorf, Reichenbach oder Rosenbach gehen, um an einem Gottesdienst teilzunehmen. Friedrich der Große versprach ihnen nach der Schlacht am Fischerberg, beim Bau einer neuen Kirche zu helfen. Erst am 31. Oktober 1840, nachdem Friedrich Wilhelm III. dem Ort eine beträchtliche Summe Geld geschenkt hatte, konnte man mit dem Bau beginnen. Die Kirche wurde an der Stelle erbaut, wo seinerzeit die Peilauer den König um eine Kirche gebeten hatten. Über dem Eingang erhebt sich der große Glockenturm, der von zwei kleineren Türmen, die wie Eckpfeiler an den Seiten der Kirche stehen, eingerahmt ist. Sie ist nicht abgeputzt und wird deshalb „die rote Kirche auf dem Berge“ genannt. Unterhalb von ihr steht das Denkmal für die Gefallenen des Weltkrieges aus Peilau und Gnadenfrei.

Die letzte Schlacht des siebenjährigen Krieges war die Schlacht am Fischerberg 1762. Sie ist wenig bekannt, aber von außerordentlicher Wichtigkeit, denn dadurch, daß es den Österreichern nicht gelang weiterzukommen, wurde Schweidnitz nicht entsetzt und es kam zum Frieden. Zum Gedenken der Gefallenen wurde vom Eulengebirgsverein auf dem Fischerberg aus Feldsteinen ein Denkmal gebaut, in welches aufgefundene Kanonenkugeln eingemauert wurden. In dem Kriegsjahr 1813 wohnte während der Zeit, als in Reichenbach zwischen dem König von Preußen, dem russischen Kaiser und Österreich die Verhandlungen stattfanden, um Österreich zum Bündnis gegen Napoleon zu bewegen, der Königlich Preußische Staatskanzler Freiherr von Hardenberg im Schloss in Nieder-Peilau.

Mein Heimatdorf ist schon sehr alt. Vermutlich ist es zur Zeit der Piasten gegründet worden. Schon 1239 muß es hier einen Schulzen gegeben haben, denn in einer Urkunde aus diesem Jahr wird ein Berhold Schultz von Peilau genannt. Aus einer anderen Urkunde geht hervor, daß 1288 die Rittergüter Peilaus Besitz Herzogs Heinrich von Schlesien waren. So ist unser Dorf eine alte Siedlung.

 

Mit freundlicher Genehmigung von Frau Toboldt, geb. Kemmler

 

www.peilau.de.tl

 

Homepage aktuell
 
Infos zu weiteren Orten im ehemaligen Kreis Reichenbach, Eulengebirge:

www.heimatbund-reichenbach.de
www.kreis-reichenbach.de
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Das Dorf
 
Es bestand aus den sechs Gemeinden Nieder-Peilau, Nieder-Mittel-Peilau, Mittel-Peilau, Ober-Mittel-Peilau, Ober-Peilau I und Ober-Peilau II. Neben Ober-Peilau II lag die Kolonie Gnadenfrei der Brüdergemeine.
1934 Eingemeindung; es entstehen die Gemeinden Peilau und Gnadenfrei (Ober-Peilau I und II, sowie Ober-Mittel-Peilau kommen zur Gemeinde Gnadenfrei).
Die Rittergüter
 
Der Schlösselhof

Der Niederhof

Das Gut Mittel-Peilau, bestehend aus dem Roten Hof und dem Weißem Hof
Die Kirchen
 
Die Katholische Kirche, genannt "weiße Kirche"
Sie steht auf einer Anhöhe in Nieder-Mittel-Peilau u. ist eine schöne, schlichte Dorfkirche. Nach der Reformation war sie etwa 100 Jahre evangelisch.

Die Evangelische Kirche, genannt "rote Kirche"
Friedrich der Große wurde am 17. August 1762 nach der Schlacht am Fischerberg von Peilaus Bewohners um Rückgabe ihrer Kirchen oder Erbauung einer neuen gebeten. Er sagte es ihnen zu, aber Preußen fehlten die finanziellen Mittel.
1840 schenkte Friedrich Wilhelm III. dem Ort 14878 Taler für den Bau der Kirche. Eingeweiht wurde die Rote Kirche am 18. Juni 1845.
 
aus: Vergangenheit und Gegenwart von Peilau-Gnadenfrei von Richard Schuck, Kommissions-Verlag Herge und Güntzel (Paul Wiese), Reichbach i. Schl. 1911


"Peilau ist ein sehr großes langgestrecktes Dorf im Kreise Reichenbach an der Eule. Es ist ein sogenanntes Straßendorf. Nur durch die Kolonie Gnadenfrei und in Ober-Peilau I im Zuge der verlängerten Bahnhofsschaussee sieht der Ort wie eine ländliche Stadt aus. Das Dorf beginnt fast am Dirsdorfer Walde und endet dicht vor der Stadt Reichenbach. Der Peilebach begleitet den zirka 12 km langen Ort. Das Wasser gibt demselben höchst malerische Punkte, wie am Gladisteiche. Auch in Mittel- und Nieder-Peilau findet der Wanderer Stellen, welche in ihrer Anmut einen hohen Reiz gewähren..."
 
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